"Nur gucken - nicht verhandeln"
Erfolgscoach Klaus Lindner über den Aufstieg des VSK II und sein Leben nach dem Fußball
Das Finale in der Fußball-Bezirksliga 3 war sensationell. Klaus Lindner schaffte mit dem VSK Osterholz-Scharmbeck II doch noch den Aufstieg in die Bezirksoberliga. Nun steigt Lindner aus dem Trainergeschäft aus. Grund genug für unseren Sportredakteur Wern
Klaus Lindner: Wenn ich ehrlich bin - ich bin eine halbe Stunde zu spät zu der Geburtstagsfeier gekommen. Der Abend vorher war wirklich klasse. Wir sind geehrt worden, dann verabschiedet worden von Reinhard Jordan. Vom Kreisfußballverband kam Jürgen Stenken in die Kabine und hat eine Flasche überreicht. Meine Frau hat mich später abgeholt. Ich habe mit unserem Spielführer Rolf Bornsiep telefoniert, die sind noch später nach Hause. Auf alle Fälle war es eine kurze Nacht.
Das war ein denkwürdiger Sonntag für den VSK.
Ja, das stimmt. Besser konnte es für uns nicht laufen. Eigentlich war ich innerlich schon auf weitere 14 Tage Saison mit der schweren Relegation eingestellt. Aber es kommt im Fußball und auch im wahren Leben immer anders als man denkt.
War dieser Aufstieg das absolute Highlight Ihrer Trainerlaufbahn?
Dieser doppelte Erfolg mit dem Einzug ins Bezirkspokalfinale und dann der Aufstieg, das zusammen ist das Highlight meiner Laufbahn gewesen.
Welches war in Ihrer 16-jährigen Trainerlaufbahn die Station mit den intensivsten Erlebnissen als Coach?
Das war der FC Burg. Diese riesigen Unterschiede, auf der einen Seite wohnen nur Akademiker, auf der anderen nur Hartz-IV-Empfänger - natürlich etwas überspitzt gesagt. Diese sozial schwächer gestellten Zuschauer sind dem FC Burg eng verbunden, eine solche Verbundenheit mit den Fans kannte ich vorher nicht. Wenn man das Flutlicht angemacht hat, dann waren sofort 75 Leute beim Training, weil sie gedacht haben, hier findet ein Spiel statt. Auch das Verhältnis mit der Mannschaft war klasse. Aber ich habe nach zwei Jahren gesagt, Klaus, du musst jetzt hier weg. Sonst bleibst du dein Leben lang beim FC Burg.
Nach einem solchen Triumph wie am Sonnabend fällt es doch bestimmt doppelt schwer, sich aus dem Trainergeschäft zu verabschieden, oder?
Ich bin erleichtert. Dieser Job war schon sehr anstrengend. Wir haben keine eingespielte Mannschaft gehabt. Wir haben insgesamt 38 Spieler einsetzen müssen. Und die brauchten wir auch, um diesen Erfolg zu schaffen. Wir mussten fast jedes Wochenende improvisieren. Immer wieder kam etwas Neues. Nicht nur für mich, auch für die Mannschaft war das nicht einfach.
Welches Angebot müsste kommen, damit Klaus Lindner noch ins Grübeln kommt?
Überhaupt keins. Ich würde das zu Hause auch gar nicht durchkriegen. Meine Frau hat damit auch schon abgeschlossen. Meine Frau hat meine Sportkleidung schon aussortiert und gesagt, dieses und jenes T-Shirt könne weggeschmissen werden, das würde ich nicht mehr brauchen. Und sie hat Recht. Sie räumt meine Klamotten schon aus, wo ich gedanklich noch gar nicht so weit bin. Sie ist schon eine ganze Ecke weiter als ich.
Die Zweite spielt in der kommenden Saison nur eine Liga tiefer als die Erste. Zwei so hoch spielende Mannschaften - das wird auch für einen Verein wie den VSK nicht so leicht zu stemmen sein, oder?
Das ist richtig. Für die jungen Leute, die aus der A-Jugend kommen, ist der Sprung in die Bezirksoberliga riesig. Ich weiß nicht, ob die sich dort richtig gut weiterentwickeln können. Wenn man die ersten Spiele gewinnt, wird vieles einfacher, aber wenn man erstmal im Keller steht, wird es unwahrscheinlich schwer für die jungen Leute.
Klaus Lindner hält den Aufstieg für den VSK also nicht unbedingt für sinnvoll?
Für die weitere Entwicklung der jungen Leute wäre es in der Bezirksliga einfacher gewesen. Und dennoch muss ich sagen: Die Leute, die jetzt weggehen und irgendwo in der Kreisliga spielen wollen, die gehen den falschen Weg. Man hätte sich unbedingt das zweite Jahr durchbeißen müssen. Auch in der Bezirksoberliga.
Nochmal zurück zu Ihrer völlig neuen Lebenssituation: Haben Sie denn keine Angst, dass Ihnen irgendwann raschelig wird?
Erstmal nicht. Im Juli und August wird es wahrscheinlich eine kritische Phase geben. Dann könnte es kribbelig werden. Aber dann schnappe ich mir meine Laufschuhe, gehe in den Wald und laufe. Als Zuschauer werde ich zu verschiedenen Spielen gehen. Aber nur gucken - nicht verhandeln.